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Betrachtung zum Evangelium des 4. Fastensonntags

Papst Franziskus betonte beim Angelus am 27.03.2022: Das Evangelium der Liturgie des heutigen Sonntags erzählt das sogenannte Gleichnis vom verlorenen Sohn (vgl. Lk 15,11-32). Es führt uns zum Herzen Gottes, der immer mit Mitgefühl und Zärtlichkeit vergibt, immer. Gott vergibt immer; wir sind es, die es müde werden, um Vergebung zu bitten, aber er vergibt immer. Es sagt uns, dass Gott ein Vater ist, der seinen Sohn nicht nur wieder aufnimmt, sondern sich auch freut und feiert, als er zurückkehrt, nachdem er seinen ganzen Besitz verprasst hat. Wir sind dieser Sohn, und es ist bewegend, daran zu denken, wie sehr der Vater uns immer liebt und auf uns wartet. Aber in eben diesem Gleichnis gibt es auch den älteren Sohn, der in eine Krise gerät angesichts dieses Vaters. Und der uns auch in eine Krise stürzen kann. In der Tat haben auch wir diesen älteren Sohn in uns, und wir sind wenigstens teilweise versucht, ihm Recht zu geben: er hat immer seine Pflicht getan, hat nie das Zuhause verlassen, und deshalb ist er empört, als er sieht, dass der Vater seinen Bruder, der sich schlecht benommen hat, wieder aufnimmt. Er protestiert und sagt: »Siehe, so viele Jahre schon diene ich dir und nie habe ich dein Gebot übertreten«, aber für »diesen deinen Sohn« richtest du gar ein Fest aus! (V. 29-30). »Ich verstehe dich nicht«. Das ist die Empörung des älteren Sohnes. Diese Worte fördern das Problem des ältesten Sohnes zutage. In seiner Beziehung zum Vater gründet er alles, die bloße Befolgung der Befehle, aufs Pflichtgefühl. Das kann auch unser Problem sein, das Problem, das wir untereinander haben und mit Gott: aus den Augen verlieren, dass er der Vater ist, und eine ferne Religion leben, die aus Verboten und Pflichten besteht. Und die Folge dieser Distanz ist die Rigidität dem Nächsten gegenüber, den man nicht mehr als Bruder betrachtet. In dem Gleichnis sagt der ältere Sohn zum Vater nämlich nicht: mein Bruder, sondern er sagt: dein Sohn, als wollte er sagen: er ist nicht mein Bruder. Und am Ende läuft gerade er Gefahr, draußen zu bleiben. Tatsächlich – so sagt der Text - »wollte er nicht hineingehen« (V. 28). Weil da der andere war. Als der Vater das sieht, geht er hinaus, um ihn zu bitten: » Mein Kind, du bist immer bei mir und alles, was mein ist, ist auch dein« (V. 31). Er versucht, ihm verständlich zu machen, dass jedes Kind für ihn sein ganzes Leben ist. Eltern wissen das gut, denn sie kommen dem Gefühl Gottes sehr nahe. ... An dieser Stelle des Gleichnisses öffnet der Vater dem älteren Sohn sein Herz und spricht ihm gegenüber zwei Bedürfnisse aus, die keine Gebote, sondern Herzensnotwendigkeiten sind: »Aber man muss doch ein Fest feiern und sich freuen; denn dieser, dein Bruder, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden« (V. 32). Prüfen wir, ob auch wir in unserem Herzen die beiden Bedürfnisse des Vaters haben: feiern und sich freuen. Vor allem feiern, das heißt denen unsere Nähe zeigen, die umkehren oder auf dem Weg sind, die in einer Krise stecken oder weit weg sind. Warum soll man das tun? Weil es dabei hilft, die Angst und die Entmutigung zu überwinden, die durch die Erin-nerung an die eigenen Sünden entstehen können. Wer Fehler gemacht hat, fühlt sich oft von seinem eigenen Herzen getadelt; Distanz, Gleichgültigkeit und harte Worte helfen nicht. Deshalb muss man ihm dem Vater zufolge einen herzlichen Empfang bereiten, der ihn zum Weitermachen ermutigt. ... Und wir, was machen wir? Suchen wir nach denen, die weit weg sind, wollen wir mit ihnen feiern? Wie viel Gutes kann ein offenes Herz, ein offenes Ohr, ein aufrichtiges Lächeln bewirken; feiern, nicht Menschen in Verlegenheit bringen! Der Vater hätte sagen können: na gut, mein Sohn, komm nach Hause, geh zurück an die Arbeit, geh in dein Zimmer, packe aus und geh an die Arbeit! Und das wäre eine gute Vergebung gewesen. Aber nein! Gott kann nicht vergeben, ohne zu feiern! Und der Vater feiert, weil er sich freut, dass sein Sohn zurückgekehrt ist. Und dann soll man sich dem Vater zufolge freuen. Wer ein auf Gott eingestimmtes Herz hat, freut sich über die Reue eines Menschen, so schwerwiegend seine Fehler auch gewesen sein mögen. Er bleibt nicht bei den Fehlern stehen, er zeigt nicht mit dem Finger auf das Böse, sondern er freut sich über das Gute, denn das Gute des anderen ist auch das meine! Verstehen wir es, andere auf diese Weise zu sehen?