Inhaltsseite

Zum Abschied von Papst Benedikt XVI.

 Im 96. Lebensjahr und im 72. Jahr seines Priestertums verstarb am Silvestertag 2022 in Rom Papst em. Benedikt XVI., der vom 19.4.2005 bis zu seinem Rücktritt am 28.2.2013 die Kirche leitete. An diesem Tag hielt er eine Ansprache zum Abschied an die versammelten Kardinäle: Ich möchte euch einen einfachen Gedanken weitergeben, der mir sehr am Herzen liegt: ein Gedanke über die Kirche, über ihr Geheimnis, das für uns alle – so können wir sagen – Grund und Leidenschaft des Lebens darstellt. Ich stütze mich dabei auf Worte von Romano Guardini: Kirche »ist keine erdachte und konstruierte Institution […], sondern ein lebendiges Wesen […] Sie lebt durch die Zeit weiter; werdend wie alles Lebendige wird; sich wandelnd […] dennoch im Wesen immer die gleiche und ihr Innerstes ist Christus.« Das scheint mir auch gestern auf dem Petersplatz unsere Erfahrung gewesen zu sein: zu sehen, dass die Kirche ein lebendiger, vom Heiligen Geist belebter Leib ist und dass sie wirklich aus der Kraft Gottes lebt. Sie ist in der Welt, aber sie ist nicht von der Welt: sie gehört Gott, Christus, dem Heiligen Geist. Das haben wir gestern gesehen. Deshalb ist auch ein anderes berühmtes Wort von Guardini wahr und vielsagend: »Die Kirche erwacht in den Seelen.« Die Kirche lebt, wächst und erwacht in den Seelen, die – wie die Jungfrau Maria – das Wort Gottes aufnehmen und es durch das Wirken des Heiligen empfangen; sie bieten Gott ihr eigenes Fleisch an und gerade in ihrer Armut und Demut werden sie fähig, Christus heute in der Welt zu gebären. Durch die Kirche bleibt das Geheimnis der Menschwerdung für immer gegenwärtig. Christus geht weiterhin durch die Zeiten und alle Orte. Bleiben wir, liebe Brüder, in diesem Geheimnis vereint: im Gebet, besonders in der täglichen Eucharistie, und so dienen wir der Kirche und der ganzen Menschheit. Das ist unsere Freude, die uns niemand nehmen kann.